Von Kentucky nach Köln - Resolute Racing in Deutschland
- Luis Kimmel

- 16. Mai
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 2. Juni
Im Vorfeld der Tattersalls December Sale 2024 las man zu VERTICAL BLUE (Mehmas) folgendes: "Frankreichs höchsteingeschätzte Zweijährige und die einzige Gruppe 1-Siegerin ihres Jahrgangs, die weltweit auf einer Auktion angeboten wird." Bei sensationeller 3,2 Millionen Guineas (ca. 4 Millionen Euro) fiel im Anschluss der Hammer für die Mehmas-Tochter aus der Zucht des Haras Du Mont Dit Mont. Käufer war der amerikanische Milliardär John Stewart. Nun wurde die Millionen-Stute überraschend für Deutschlands ersten Klassiker, die G2 Coolmore City Of Troy German 2000 Guineas nachgenannt. Mehr als Grund genug, um sich mit dem Mann hinter Resolute Racing zu unterhalten.
Luis Kimmel: "Was war der ausschlaggebende Grund dafür, Vertical Blue kurzfristig für die German 2000 Guineas nachzunennen?"
John Stewart: "Wir mussten sie einfach irgendwo starten lassen, und Köln scheint uns ein guter Ort für ihren ersten Jahresauftritt zu sein. Francis (Graffard) kennt die Stute und weiß, welche Rennen für sie in Frage kommen – deshalb überlasse ich ihm diese Entscheidung ganz bewusst."
Neun Pferde kommen am morgigen Sonntag in den German 2000 Guineas an den Start. In der Regel ein Rennen, in dem ausschließlich Hengste an den Ablauf kommen. Nicht so in diesem Jahr. Gleich drei Stuten werden in Köln zur 1600 Meter Startstelle aufgaloppieren. Neben Vertical Blue sind das MATILDA (Soldier Hollow) und LIPS VEGA (Lope De Vega). Alle drei Stuten wurden nachgenannt.
LK: "Was erwarten Sie von Vertical Blue bei ihrem Saisondebüt am Sonntag und was schätzen Sie an ihr?"
John Stewart: "Ich denke, sie hat eine echte Chance. Wir würden sie nicht laufen lassen, wenn wir nicht an sie glauben würden. Gleichzeitig ist es ihr erster Start als Dreijährige – da geht es vor allem darum, dass sie in Form kommt und gut in die Saison findet. Sie hat als Zweijährige viel gezeigt, und ich halte sie für sehr talentiert. Ich bin immer auf der Suche nach dem besten Blutlinien weltweit, und erfolgreiche Rennstuten stehen bei mir im Fokus – in dieser Hinsicht erfüllt sie alle Kriterien. Es würde mich nicht wundern, wenn sie im Laufe des Jahres auch ein paar Starts in den USA bekommt.“
Als Zweijährige kam Vertical Blue fünf Mal an den Ablauf, war dabei nie schlechter als Zweite. Ihren bisherigen Karriere-Höhepunkt hatte die Stute aus dem Stall von Francis-Henri Graffard Anfang Oktober am Arc-Wochenende. Damals bezwang sie ihre Stallgefährtin und kochendheiße Favortin ZARIGANA (Siyouni) mit einer Nase auf Gruppe 1-Ebene. Wie am Sonntag auch saß damals Alexis Pouchin im Sattel der Mehmas-Tochter.
In die deutschen Schlagzeilen kam John Stewart im August 2024. Grund war damals der Kauf des G1 King George VI and Queen Elizabeth Stakes-Siegers GOLIATH (Adlerflug). Philip von Ullmann verkaufte nach dem großen Erfolg des aus der Zucht des Gestüts Schlenderhan stammenden Goliath einen Mehrheitsanteil an Resolute Racing. In Deutschland hätte man den Adlerflug-Sohn im Nachgang beinahe im G1 Mehl-Mülhens-Stiftung - 62. Preis von Europa gesehen. Aufgrund einer Verletzung kam es leider nicht dazu. Goliath musste das Rennen kurzfristig auslassen. Vertical Blue wird nun der erste Starter in Deutschland für John Stewarts Resolute Racing sein.
LK: "Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrem Engagement im europäischen Galopprennsport – und dürfen wir künftig mehr Pferde von Resolute Racing in Deutschland erwarten?"
John Stewart: "Unser Fokus liegt derzeit klar auf den USA, wo wir im zweiten Jahr 50 aktive Rennpferde im Training haben. Zusätzlich rücken gerade 51 Zweijährige ins Training nach. Australien ist der nächste Markt für uns mit rund 30 Pferden. In Europa stehen wir noch ganz am Anfang, aber ich möchte hier Rennen gewinnen und an den großen Renntagen vertreten sein. Es ist also sicher, dass man künftig mehr von uns in Deutschland und im übrigen Europa sehen wird."
LK: "Was hat Sie dazu bewogen, nach Goliaths beeindruckendem Sieg in Ascot eine Mehrheitsbeteiligung an ihm zu erwerben?"
John Stewart: "Er hat die besten Pferde Europas geschlagen – und als Wallach bot sich da eine besondere Gelegenheit. Ich habe die Chance sofort genutzt, einen der besten Galopper der Welt in den eigenen Farben laufen zu sehen."
Goliath startete 2025 eher durchwachsen in die Saison. Ende April kam er am Champions Day in Hongkong im G1 FWD QEII Cup an den Ablauf. Wurde dort allerdings nur Neunter. Ein Ergebnis, dass man so sicherlich nicht auf sich sitzen lassen wird.
LK: "Was ist der aktuelle Plan für Goliath? Es gibt Gerüchte, dass er am 1. Juni im G2 Grossen Preis von Tattersalls in Baden-Baden starten könnte?"
John Stewart: "Das ist interessant, denn wir haben bislang keine Entscheidung getroffen. Die Reisen nach Japan und Hongkong verliefen nicht wie erhofft, deshalb wollten wir ihm die nötige Zeit geben, um wieder in Form zu kommen. Sein nächster Start soll Teil einer gezielteren Kampagne sein – mit dem Fokus auf Europa und möglicherweise auch den USA."
LK: "Goliath ist derzeit der Favorit für den G1 Grossen Preis von Baden, Deutschlands bedeutendstes Rennen im September. Steht dieser Start aktuell auf seiner Agenda? Und wie passt Goliath generell in die internationale Strategie von Resolute Racing?"
John Stewart: "Es ist durchaus möglich, dass wir Goliath in Deutschland sehen werden. Wir möchten ihn in Europa laufen lassen, aber wir brauchen ein klares Ziel – zumal er durch das veraltete Regelwerk nicht im Arc starten darf. Goliath ist ein zentraler Bestandteil unserer internationalen Ausrichtung. Ich möchte, dass Resolute Racing an den großen Renntagen weltweit vertreten ist – und mit ihm haben wir ein Pferd, das genau das möglich macht."
Im wohl größten Rennen der Welt, dem G1 Prix de l‘Arc de Triomphe, dürfen ausschließlich Hengste und Stuten starten. Wallache wie Goliath sind nicht startberechtigt. Das sorgte bei John Stewart bereits Anfang des Jahres zu großem Unmut, den der Amerikaner auch auf Twitter freien Lauf ließ. "Die besten Rennen müssen für alle Pferde offen sein. Ich respektiere die Tradition in Frankreich, allerdings muss der Sport sich weiterentwickeln, um international attraktiv zu bleiben. Frankreich sollte die Basis von Resolute Racing in Europa sein, das müssen wir nun vielleicht nochmal überdenken.", schrieb Stewart im Februar. Auf Twitter hat John Stewart 70.000 Follower.

LK: "Sie haben sich auf Social Media eine große Fangemeinde aufgebaut und darüber auch Fan-Events mit exklusivem Merchandise organisiert. Was motiviert Sie, so aktiv mit der Rennsport-Community in Kontakt zu treten?"
John Stewart: "Von Herzen bin ich ein großer Wetter und selbst Fan. Es macht mir Freude, meine Leidenschaft mit anderen zu teilen und ihnen zu helfen, den Sport noch mehr zu genießen. Wir alle lieben Pferderennen – das verbindet uns.
LK: "In der Vergangenheit gab es Fan-Events mit Giveaways wie Sammelkarten und Caps. In Tokio war der Andrang sogar so groß, dass die Polizei das Event verlegen musste. Können sich auch deutsche Rennsport-Fans auf ähnliche Aktionen freuen – vielleicht, wenn Goliath in Baden-Baden antritt?"
John Stewart: "Absolut. Ich besitze Unternehmen mit Standorten in Deutschland und bin in den nächsten drei Wochen mit meinem Private-Equity-Geschäft in Europa unterwegs. Ich liebe es, Rennsportfans auf der ganzen Welt zu treffen – und da gehört Deutschland definitiv dazu."
Mit aktuell rund 230 Pferden in seinem Besitz nimmt John Stewart eine immer größer werdende Rolle im Rennsport ein. Der ganze große Durchbruch steht natürlich noch aus und gerade in Europa muss er sich noch einen Namen machen. Mit Vertical Blue könnte er morgen nun das erste Ausrufezeichen in Deutschland setzen.
Stewart schafft es neue Leute für sich, seine Pferde und allen voran den Rennsport zu begeistern. Er zeigt, dass die Nähe zu den Fans und Rennsport-Enthusiasten das A und O ist. Ein Ansatz von dem man in Deutschland bis heute leider noch viel zu wenig sieht. Aber vielleicht haben wir Glück und sehen Goliath am 07. September in Iffezheim. Philip von Ullmann wird sicherlich ein gutes Wort für den deutschen Rennsport einlegen. Zwei Tage vorher gäbe es für Resolute Racing sogar die Möglichkeit neue Pferde zu kaufen. Besseres Steherblut als auf der BBAG Jährlingsauktion findet man weltweit wohl kaum.
Die G2 Coolmore City Of Troy German 2000 Guineas werden morgen in Köln ausgetragen. Der Start erfolgt um 16:33 Uhr.
Das war mein exklusives Interview mit John Stewart – dem Besitzer von Vertical Blue und Goliath, der mit Resolute Racing nun auch den europäischen Turf ins Visier nimmt.
Welche Chancen rechnet ihr Vertical Blue in den German 2000 Guineas aus? Und seht ihr Goliath im September wirklich als heißen Kandidaten für den G1 Grossen Preis von Baden?
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