"Mache einfache Dinge gut" - Peter Rodde im Interview
- Luis Kimmel
- 25. Juni
- 7 Min. Lesezeit
"Wir treten lieber etwas zurück und freuen uns für unsere Kunden, wenn die auf dem Treppchen stehen", beschreibt Peter Rodde sich und seine Frau Aline. Zusammen leiten sie Gestüt Westerberg. Grund zur Freude gab es für die Westerberger in letzter Zeit vor allen Dingen durch ein ganz besonderes Pferd: LAZY GRIFF.
Zweijährig bereits Gruppesieger in Frankreich und nun Zweiter im Derby aller Derbys, dem G1 Epsom Derby!
Die Geschichte von Lazy Griff, der heute in den Farben des britischen Syndikats Middleham Park Racing & G. Griffiths an den Start kommt, begann auf den Koppeln des Gestüts in Ingelheim am Rhein.
Ein großer Dank an Peter Rodde, der sich sehr viel Zeit für ein Interview für GaloppDaily genommen hat!
"In Iffezheim kam er nicht so gut an"
"Er war schon immer auffällig", erinnert sich Rodde zurück. Bereits im Dezember 2022 gab es einige Kaufangebote für den damals noch namenlosen Protectionist-Sohn. Auf Westerberg war man sich aber immer einig, dass er auf die Auktion nach Iffezheim soll.
Sein rechter Bruder LAMBO wurde einst als Jährling auf der BBAG Jährlings-Auktion für schmale 5.000€ verkauft. Er stieg dreijährig dann zum Gruppe 3-Sieger im Bavarian Classic auf und war somit auch ein heißer Kandidat für das G1 Deutsche Derby. Eine Verletzung machte diesem Plan allerdings einen Strich durch die Rechnung.
Mit Lazy Griff hatte man auf der Auktion aufgrund seiner Größe einen echten Hingucker. Das gefiel aber nicht allen. "In Iffezheim kam er nicht so gut an. Die sagten, er sei zu groß, zu spät. Er sei ein National Hunt Pferd. Über seinen Preis von 75.000€ haben wir uns aber natürlich trotzdem gefreut.", erinnert sich Rodde zurück.
Für PROTECTIONIST (Monsun) als Deckhengst hatte man sich entschieden, weil man vor allen Dingen von seinem turn of foot beeindruckt war. Lazy Griffs Mutter LINARDA (Rock Of Gibraltar) brachte zudem einiges an Spritzigkeit mit. Sie gewann 2013 die Schweizer 1000 Guineas über 1600 Meter und brachte es in ihrer Karriere auf ein GAG von 82kg.
Als Käufer trat in Iffezheim der renommierte Vollblutagent Jeremy Brummitt für Middleham Park Racing auf. "Lazy Griff stammt aus einer meiner Lieblingsfamilien. Sein Vater Protectionist absolvierte 2016 im G1 Grossen Preis von Berlin die letzten 600 Meter in einer herausragenden Zeit." verriet Brummitt TDN Europe einige Tage vor dem Epsom derby. Middleham Park Racing schrieb auf seiner Website nach dem Kauf: "Er war unsere klare Nummer 1 auf dieser Auktion. Und wir dürfen nicht vergessen, drei der letzten 12 Sieger des G1 Prix de l'Arc de Triomphe stammten aus deutscher Zucht."
Der nächste Name steht schon fest
"Es gibt eine sehr lange und aufwühlende Geschichte zu Lazy Griffs Mutter Linarda. Sie gehörte einer langjährigen Kundin und guten Freundin. Als sie die schweizer Guineas gewann, brachte ihr Trainer Miroslav Rulec ihrer Besitzerin den großen Pokal ins Krankenhaus. Da sagte Frau Büchi ganz erleichtert: "Jetzt bin ich beruhigt. Jetzt wird das Versprechen von Herrn Rodde, dass er sie in die Zucht nimmt auch glaubhafter."" Wenige Tage später verstarb Marianne Büchi.
In einem Interview mit der Racing Post verriet Annelie Rodde, Tochter von Peter und Aline, dass das nächste Stutfohlen von Linarda den Namen Marianne bekommen wird.
In den letzten Jahren war Linarda zum Bedauern der ambitionierten Züchter etwas unglücklich. Eine rechte Schwester zu Lazy Griff starb noch als Fohlen. Danach blieb sie zwei Mal güst von Protectionist und TEOFILO (Galileo). Aktuell ist sie tragend von MAKE BELIEVE (Makfi). "Für Make Believe haben wir uns wegen LAZIO entschieden.", erklärt Rodde die Hengstwahl kurz und knapp. Lazio wuchs auf Westerberg auf und wurde wie Lazy Griff 2023 bei der BBAG angeboten. Er wechselte für 30.000€ in den Besitz des Stalles Lucky Owner, war im vergangenen Jahr Co-Champion Zweijähriger in Deutschland und wird am 06. Juli im G1 Deutschen Derby nicht ohne Chancen an den Start gehen. Der Gruppe 2-Sieger steht aktuell bei einem GAG von 94kg.
"Was den nächsten Partner von Linarda angeht, kann ich noch nicht viel verraten. Das lassen wir erstmal auf uns zukommen. Es gibt ja super Hengste hier und wir haben auch schon einiges diskutiert, aber das möchte ich jetzt noch nicht sagen. Das bleibt eine Überraschung für nächstes Jahr."
Die einfachen Dinge gut machen
Mit Lazy Griff hat das Gestüt Westerberg einen Hengst gezogen, der zwar noch nicht auf höchster Ebene gewinnen konnte, aber eine Platzierung im Epsom Derby, das schaffte noch kein Pferd aus deutscher Zucht.
"Auch bei uns wird nicht gezaubert. Von einem irischen Fischer habe ich den Spruch "do simple things well" mal aufgeschnappt. Und darum geht es für uns: Mach keine große Sache daraus, wenn es einfach nur darum geht einen guten Job zu erledigen.", beschreibt Peter Rodde seine Philosophie hinter der Zucht.
"Macht einfach euren Job gut und nehmt die Leute mit. Versucht gute Dienstleister zu sein. Uns ist es ganz wichtig, dass unsere Kunden, die eine Menge Geld für das Kulturgut Rennpferde ausgeben, ein wenig gelenkt werden und so auch immer ihre Freude behalten. Und mit Pferden wie Lazy Griff haben wir unseren Job mehr als gut gemacht und unterstützen den deutschen Rennsport wirklich nachhaltig."
Nachdem der Westerberger Ausnahme-Hengst als Jährling noch wenig Anklang auf der Auktion fand und als "zu spät" galt, ließ er nur wenige Monate später Taten sprechen. Der "späte" Lazy Griff war im Juli 2024 nicht nur einer der ersten Zweijährigen-Sieger der BBAG Jährlings-Auktion 2023. Im September gewann er auf Gruppe-Ebene den G3 Prix de Conde in Chantilly und schlug dabei die spätere G1 Prix de Diane-Siegerin GEZORA (Almanzor). Ein Start im G1 Criterium de Saint Cloud verpasste er aufgrund einer kleinen Verletzung.
Sein Debüt dreijährig gab der Protectionist-Sohn in der G3 Chester Vase. Und wie bisher so häufig wurde er auch an diesem Tag vollkommen unterschätzt. Zur Quote von 26:1 schickten ihn die Wetter ins Rennen. Mit einem zweiten Platz bestätigte Lazy Griff endgültig, dass er zu den besten Pferden seines Jahrgangs gehört. Nicht nur aus deutscher Zucht, sondern auch in Großbritannien. In Chester musste er nach 2400 Metern nur den Coolmore-Vertreter LAMBOURN (Australia) vor sich dulden.
Lambourn gewann exakt 31 Tage nach Chester das Epsom Derby.
"Deswegen haben wir uns auch einen Prosecco kaltgelegt"
Spätestens nach dem guten Laufen in Chester wurde klar, dass Lazy Griff auch in Epsom seine Chance bekommen sollte. "Wir haben natürlich jeden Atemzug seiner Karriere verfolgt. Auf die Rennbahn bei einem seiner Starts haben wir es bisher aber leider noch nicht geschafft. Das Gefühl, dass er vielleicht wirklich ein herausragendes Pferd ist, bekamen wir, als wir erfuhren, dass Christophe Soumillon ihn unbedingt im Derby reiten will. Deswegen haben wir uns für das Rennen auch einen Prosecco kaltgelegt. Da waren wir sogar richtig übermütig, sowas für das englische Derby vorzubereiten." erzählt Rodde und lacht.
Bis zu diesem 07. Juni 2025 an den man sich im Gestüt Westerberg wohl für immer gerne zurückerinnern wird, war man immer eher zurückhaltend. Nicht einmal gegenüber Georg von Opel, dem Onkel von Aline Rodde, erwähnte man den potenziellen Spitzenhengst. Georg von Opel ist im internationalen Rennsport kein Unbekannter, tritt des Öfteren in Partnerschaften mit Coolmore in den größten Rennen der Welt an. Im vergangenen Jahr gewann LOS ANGELES (Galileo) für von Opel unter anderem das G1 Irish Derby. "Ein paar Wochen vor dem Epsom Derby sprachen wir mit Georg über seine Pferde. Ich hatte überlegt, ob ich Lazy Griff ins Spiel bringe oder nicht. Letztendlich habe ich es ihm nicht gesagt. Wenn er sich vorne platziert, wird er es sowieso merken, dachte ich mir. Und nur weil er genannt ist, wollte ich nicht groß aufspielen."
Am Ende wurde das Derby eine echte Westerberg-Angelegenheit. Der Zweite aus Westerberger-Zucht und der Dritte TENNESSE STUD (Wootton Bassett) trägt die Farben von Georg von Opel! "Er war dann auch der erste Anrufer. Und fragte warum ich denn nichts erzählt habe. Aber warum sollen wir da dick auftragen, nur weil wir ganz normale Sachen machen? ... ok bei dem jetzt vielleicht nicht", fügt Rodde lachend hinzu.
Curragh, Hamburg oder Paris?
Für Lazy Griff steht in den kommenden Tagen bereits der nächste Start auf dem Plan. Drei Optionen gibt es für den von Charlie Johnston trainierten Hengst: das G1 Dubai Duty Free Irish Derby am 29. Juni, das G1 IDEE 156. Deutsche Derby am 06. Juli oder der G1 CYGAMES Grand Prix de Paris am 13. Juli. Wenn es nach dem Züchter geht, ist natürlich Hamburg und das hiesige Derby die erste Wahl: "Für uns ginge es da um richtig viel Geld. Und sollte sich die Besitzergemeinschaft dazu entscheiden in Hamburg an den Start zu gehen, werden wir uns große Mühe geben, dass sie dort eine tolle Zeit haben werden."
In Hamburg ginge Lazy Griff wohl als klarer Favorit ins Rennen. Bei einem Sieg gingen über 100.000€ Züchterprämie an das Gestüt Westerberg.
Momentan sieht allerdings einiges nach einem Start auf dem Curragh in Irland aus. Nur das Wetter könnte einen Start im irischen Derby noch verhindern. Trainer Johnston möchte auf gar keinen Fall auf schneller Bahn antreten. In Irland träfe Lazy Griff erneut auf Derbysieger Lambourn und den Dritten aus dem Derby Tennessee Stud.
Wer ist der Beste 2025?
Auch in diesem Jahr wird das Gestüt aus Rheinland-Pfalz mit einer Vielzahl an Jährlingen zur BBAG Jährlings-Auktion im September nach Iffezheim fahren. Peter Rodde war sich 2019 beziehungsweise 2023 sicher, dass Lambo und sein rechter Bruder Lazy Griff jeweils die besten Pferde aus dem Westerberger-Lot waren. Grund genug die Frage zu stellen, wer in diesem Jahr heraussticht.
"Wir haben schöne Optionen dieses Jahr. Wir haben einen ganz tollen Hengst von EARTHLIGHT (Shamardal) aus der KELLEMOI DE PEPITA (Hawk Wing) für einen unserer Kunden. Dann haben wir ein herausragendes Pferd von GLENEAGLES (Galileo), ein Hengst aus der PICOBELLA (Big Shuffle). Wir haben einen Hengst, an dem Georg von Opel beteiligt ist. Das ist der Erstling aus der TANGUT (Adlerflug) von SIYOUNI (Pivotal). Vom Pedigree her sticht er sicher am meisten raus. Bei den Stuten haben wir unter anderem einen Starspangledbanner-Jährling aus der DEIA (Soldier Hollow). Deia wiederum ist eine rechte Schwester von DESTINO, der bei uns als Deckhengst aufgestellt ist. Das sind sicherlich allesamt herausragende Pferde."
Wie herausragend sie sind, wird sich in den kommenden Jahren zeigen. Dass in Ingelheim herausragende Pferde gezüchtet werden und aufwachsen, haben spätestens Lazio und Lazy Griff bewiesen.
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